GameRights vermittelt zwischen Gamer-Verein und Deutscher Krebshilfe

  • Thomas
  • 23. Januar 2010
  • Essays
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Das Logo von prediction Gaming e.V.Vor einer Weile berichteten wir über den Fall der Organisation SOS Kinderdorf, welche ein Gratiswerbung-Angebot einer Gamewebsite aus "ethischen Gründen" ablehnte. In der deutschsprachigen Gamergemeinde stiess diese Einstellung auf Entrüstung, viele fühlten sich erneut als Unmenschen denunziert. Einen ähnlichen Fall gab es unlängst erneut in Deutschland: Der Gamer-Verein prediction Gaming e.V. verlor ein alteingesessenes, allseits geschätztes Mitglied an den Krebs und hatte es sich daher auf die Fahne geschrieben, den Kampf gegen die gefürchtete Krankheit zu unterstützen. Die Zusammenarbeit mit der Deutschen Krebshilfe e.V., welche Unterstützung durch Spenden und Gratis-Bannerwerbung vorsah, kam jedoch nicht zustande - aufgrund interner, ethischer Grundsätze sagen die einen, während die anderen angeben, standardmässig geforderte Angaben nicht erhalten zu haben. Die Situation schien verfahren - bis GameRights eingriff und bei beiden Stellen noch einmals nachhakte, um den genauen Sachverhalt zu erfahren. Das Ergebnis ist für beide Seiten soweit positiv.

Ganz oben auf der Webseite www.prediction-gaming.net steht "in Memory of Marco 'N0pe' Born". Der Gamer verstarb jung an einer komplizierten Krebserkrankung und hinterliess eine grosse Lücke in der Gemeinschaft des Vereins prediction Gaming e.V. - so gross, dass der Verein sich sogar dazu entschlossen hatte, Marco in der offiziellen Satzung des Vereins zu verewigen. So sind alle Aktionen und Tätigkeiten des Vereins dem Verstorbenen gewidmet, mit dem Anhang: "Wir werden ihn nie vergessen".

Alpay 'Abbay' Artun, Vorstandsvorsitzender des rund 60-köpfigen Vereins, erklärt:

Zweck des Vereins ist die Bildung von Menschen im Bereich der "neuen Medien". Wir sind also eine Gemeinschaft von Jung und Alt, von Ahnungslosen und Experten und jeder kann auf das Wissen der anderen zugreifen.

Auch die Förderung des eSport gehört zu den Tätigkeiten des Vereins. So führt Artun aus, dass man bemüht sei, den noch recht jungen Sport zu etablieren und die gesellschaftliche Akzeptanz von eSportlern und Videospielern zu verbessern.

Nach dem Tod von Marco Born suchte der Verein nach Möglichkeiten, den Kampf gegen Krebs mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen - bei online tätigen Vereinen bietet sich die Gratis-Bannerwerbung und finanzielle Unterstützung für solche Ziele an. Artun dazu:

Dieses in der Szene relativ ungewöhnliche Ziel rührt daher, dass unser Erstmitglied und langjähriger Freund Marco Born im jungen Alter von 16 Jahren auf tragische Weise seiner Krebserkrankung erlag.

Alpay 'Abbay' Artun, Vorstandsvorsitzender prediction Gaming e.V.Stefan Rüggenberg, gemäss Artun langjähriger Chefredakteur der Webseite und somit hauptverantwortlich für die News des Vereins, wurde mit der Aufgabe betraut, Möglichkeiten zu finden, um die Krebsforschung zu unterstützen. Alpay Artun bemerkt, dass diese Aufgabe sehr "empfindlich" gewesen sei; daher habe man den zuvor schon persönlich kennengelernten Rüggenberg, dessen Arbeit sehr geschätzt werde, für diese Aktion als Hauptverantwortlichen einsetzen wollen.

Man entschied sich für die Kontaktaufnahme mit der Deutschen Krebshilfe e.V.. Der Verein engagiert sich seit langem nach dem Motto "Helfen. Forschen. Informieren." für den Kampf gegen Krebs. Von Dr. Mildred Scheel im Jahre 1974 gegründet, feierte die Deutsche Krebshilfe e.V. letztes Jahr ihr 35-jähriges Bestehen. So steht auf der Webseite der Krebshilfe Folgendes:

Die Deutsche Krebshilfe organisiert und fördert Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie Informationsveranstaltungen zur Verbesserung der Krebsbekämpfung. Zusammen mit ihrer Tochterorganisation, der Dr. Mildred Scheel Stiftung für Krebsforschung, fördert sie zahlreiche innovative Forschungsprojekte mit dem Ziel, neue Therapien und Diagnoseverfahren gegen Krebs zu entwickeln.

Die Deutsche Krebshilfe finanziert ihre Aktivitäten ausschließlich aus freiwilligen Zuwendungen der Bevölkerung. Sie erhält keine öffentlichen Mittel.

"Was macht die Deutsche Krebshilfe?" - http://www.krebshilfe.de/aufgaben.html

Der aktuelle Präsident des Vereins ist Prof. Dr. Harald zu Hausen, der im Jahre 1936 geboren wurde. Er hat gemäss seines Lebenslaufs Zeit seines Lebens zahlreiche humanitäre und wissenschaftliche Auszeichnungen und Ehrungen erhalten.

Von vornherein bemühte sich Rüggenberg, die Motive und Zwecke des Gaming-Vereins umfassend und klar darzulegen und auch die informative und aufklärerische Komponente zu nennen. Alpay Artun erinnert sich:

Der Kontakt zum Deutsche Krebshilfe e.V. [sic] lief zunächst über E-Mail ab. Auf unsere detaillierte Anfrage hin erhielten wir nur eine Antwortmail, die zum Großteil bereits das beinhaltete, was wir auch öffentlich machten. Auch Nachfrage zu den Beweggründen hin erhielten wir allerdings keine Rückmeldung. Auch ein persönlicher Anruf von mir führte zu keinen zufriedenstellenden Antworten.

Gemäss Artun wurde von Seiten der Deutschen Krebshilfe e.V. damit argumentiert, dass eine Partnerschaft mit prediction Gaming e.V. gegen "interne Richtlinien" verstossen würde, welche teils auch ethischer Natur seien.  Hierzu schrieb Artun im dazugehörigen Newspost auf der Webseite des Vereins:

Das Ergebnis unserer Gespräche war, dass Spenden zwar gerne entgegengenommen werden, die Verwendung des Logos - der immer eine Genehmigung erteilt werden muss - aber verboten wurde. [...] Angesichts dessen aber sollte man durchaus zu begründen wissen, weshalb eine karitative Organisation einem Verein, der weder extremes Gedankengut fördert, sexuelle Inhalte vertritt oder Gewalt verharmlost, die Grundlage zu einer Partnerschaft verweigert.

Die Pressereferentin der Deutschen Krebshilfe e.V., Christiana Tschoepe, rekonstruiert die Situation jedoch anders. So hiess es in der Stellungnahme, die wir per E-Mail erhielten, dass die Deutsche Krebshilfe e.V. über die negativen Schlagzeilen "sehr bestürzt" sei.

Nichts liegt uns ferner als die Menschen zu verärgern, die unserer gemeinnützigen Organisation Hilfe und Unterstützung in Form von Spenden zukommen lassen möchten. Denn nur durch die Unterstützung vieler engagierter Mitmenschen ist die Deutsche Krebshilfe in den vergangenen 35 Jahren zur größten privaten Hilfsorganisation im Kampf gegen die Krebskrankheiten in Deutschland geworden.

Tschoepe betont, dass alle Anfragen - "unabhängig welcher Art und Weise, Person, Branche, etc. - sachlich im Detail" überprüft und evaluiert werden. Aus ihrer Sicht lief die Konversation mit dem prediction Gaming e.V. etwas anders ab: Sie gibt an, dass von der Deutschen Krebshilfe e.V. mehrmals versucht wurde, auf die gemäss Tschoepe ursprünglich telefonische Anfrage von prediction Gaming e.V. weitere Informationen über die geplante Aktion zu bekommen:

Dem Wunsch, unser Logo oder sonstige Unterstützung zukommen zu lassen, wären wir sehr gerne nachgekommen. Leider wurden uns weitere Angaben jedoch verwehrt, die wir jedoch unbedingt benötigen, um der an uns herangetragenen Bitte uneingeschränkt nachkommen zu können. Dies auch deshalb, da wir in der Vergangenheit mit der Zurverfügungstellung von Namen und Logo leider schlechte Erfahrungen gemacht haben.

Auf die Thematik der "internen Regelungen ethischer Natur" und wie diese denn genau lauten würden angesprochen, antwortete Tschoepe, dass es nicht im Sinne der Deutschen Krebshilfe e.V. sei, Videospieler insgesamt zu verurteilen:

Dem Verein "prediction gamining e.V." haben wir nie aus "ethischen Gründen" die Verwendung des Logos untersagt. Es liegt uns fern, dem Verein verantwortungsloses Handeln zu unterstellen oder alle Videospieler zu diskriminieren. Vielmehr haben wir den Verein um Informationen gebeten, um die angekündigte Aktion prüfen zu können.

Christiana Tschoepe äusserte abschliessend die Hoffnung, mit dem Vorstand von prediction Gaming e.V. "in Kürze" ein "persönliches Gespräch" führen und die Angelegenheit damit klären zu können.

Wir halten fest: Die Angaben widersprechen sich. prediction Gaming e.V. sagen zum Beispiel, dass die erste Kontaktaufnahme per E-Mail erfolgte, und nur ein Anruf getätigt wurde, da längere Zeit keine Antwortmail eintraf. Die Deutsche Krebshilfe e.V. wiederum meint, dass die erste Kontaktaufnahme von Seiten prediction Gaming e.V. telefonisch vonstatten ging und auf die Bitte nach weiteren Informationen über den Antragsteller nicht erfüllt wurde. Es stellt sich die Frage, worauf diese Diskrepanz zurückzuführen ist: Haben prediction Gaming e.V. aus Enttäuschung über eine eventuelle Absage die Geschichte umgeschrieben? Hat Frau Tschoepe gar nie die richtigen E-Mails von prediction Gaming e.V. eingesehen, oder erfindet die Deutsche Krebshilfe e.V. den Fall zu Ungunsten von prediction Gaming e.V. neu? Hat jemand bei der Deutschen Krebshiilfe e.V. die Anfrage von prediction Gaming e.V. gar falsch eingeschätzt und darum abgewiesen? Handelt es sich hier einfach nur um ein Missverständnis, oder um Kalkül?

Mit der Stellungnahme der Deutschen Krebshilfe e.V. konfrontiert, machte Alpay Artun seinen Standpunkt erneut klar: Die Aussage, dass die erste Kontaktaufnahme telefonisch geschehen sei, sei klar falsch und könne mithilfe der gespeicherten Mails, die an die Deutsche Krebshilfe e.V. versendet wurden sowie auch diejenigen, die zurückkamen, widerlegt werden. Um dies zu klären, hat Artun die Nachrichten noch einmal der Deutschen Krebshilfe e.V. zukommen lassen:

Wir haben [den Mailverlauf] zwischenzeitlich auch dem Deutsche Krebshilfe e.V. erneut zugesendet, sodass eventuelle Missverständnisse ausgeräumt werden können. Wir können zudem versichern, dass uns telefonische Nachfragen seitens der Deutschen Krebshilfe e.V. nicht erreicht haben.

Trotzdem werfen prediction Gaming e.V. die Finte nicht ins Korn, denn man hoffte - ausgehend von den versöhnlichen Worten von Christiana Tschoepe - auf eine doch noch fruchtbare Zusammenarbeit. Eine gewisse Skepsis blieb jedoch seitens Alpay Artun bestehen, was man ihm nach den bisherigen Fällen wie z.B. SOS Kinderdorf auch nicht übel nehmen kann:

Ob es sich bei diesem Vorfall nun tatsächlich um ein Missverständnis oder lediglich nur um eine Reaktion auf die schlechte PR wegen dieser Sache handelt, möchten und können wir nicht beurteilen. Es ist aber auch in unserem Interesse, einen möglichen Konsens mit dem Deutsche Krebshilfe e.V. zu finden, weshalb wir uns auch in Zukunft um eine Partnerschaft bemühen werden.

Dann erreichte uns eine E-Mail von Christiana Tschoepe: Der Fall wurde scheinbar doch rasch und unkompliziert gelöst. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe e.V., Gerd Nettekoven, nahm persönlich Kontakt mit Alpay Artun auf - und zwar per Telefon. Während dieses Gesprächs konnte, wie es hiess, das "Missverständnis um die geplante Spendenaktion" aus dem Weg geräumt werden. In der beiliegenden offiziellen Stellungnahme schrieb Nettekoven:

In einem sehr freundlichen und offenen Telefonat zwischen dem Vorstandsvorsitzenden von "prediction Gaming e.V.", Herrn Alpay Artun, und mir konnte das bedauerliche Missverständnis um die avisierte Spendenaktion zu Gunsten der Deutschen Krebshilfe geklärt werden.

Als Organisation, die ihre gesamten Aktivitäten zur Verbesserung der Versorgung krebskranker Menschen ausschliesslich aus Spenden bestreitet, ist die Deutsche Krebshilfe auf die Unterstützung und das Engagement der Bevölkerung angewiesen. Im Interesse unserer Spender nehmen wir Gelder jedoch nicht unkontrolliert an und informieren uns im Vorfeld über Spendenaktionen zu unseren Gunsten. Dabei hat jedoch im Falle der avisierten Spendenaktion des Vereins "prediction Gaming e.V." ein Mitarbeiter unserer Geschäftsstelle den Sachverhalt falsch eingeschätzt. Wir bedauern diesen Vorfall ausserordentlich und wünschen der Aktion von "prediction Gaming e.V." in Kooperation mit der Deutschen Krebshilfe nun grossen Erfolg. Wir schätzen das Engagement des Vereins sehr und freuen uns, so auch insbesondere junge Menschen zu erreichen und für das Thema Krebs zu sensibilisieren.

Alpay Artun sagte uns gegenüber abschliessend, dass seit dem Telefongespräch zwar keine konkreten Vereinbarungen und Abmachungen getroffen wurden, jedoch geht man wieder davon aus, "dass der Fall noch einen positiven Ausgang nimmt".

So wurde aus einer schlichten Berichterstattung über einen Fall in Deutschland, bei welchem beide Seiten zu Wort kommen sollten, eine Vermittlung, welche hoffentlich in einer für prediction Gaming e.V. sowie die Deutsche Krebshilfe e.V. positiven Zusammenarbeit mündet. Wir von GameRights freuen uns ausserordentlich, in diesem Fall von Hilfe gewesen sein zu können, danken Herr Alpay Artun und Frau Christiana Tschoepe für die freundlichen Auskünfte und wünschen beiden Seiten alles Gute und viel Erfolg in ihren weiteren Begehren.

Hinweis: Die Krebsliga Schweiz war für einen Kommentar nicht erreichbar.

 

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