«Es gibt keinen Beweis, dass ein Videospiel jemals echte Gewalt ausgelöst hat»

  • Nikolai
  • 01. November 2009
  • Studien
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altIn der Gamergemeinde ist der Name Cheryl Olson nicht unbekannt. Die Autorin des Buches „Grand Theft Childhood“ ist dafür bekannt, die Thematik der Gewalt darstellenden Videospiele aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten als die meisten ihrer Kollegen. Ihre neuste Studie wurde von einem republikanischen Politiker angeregt, der eigentlich einen Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und realer Gewalt herstellen wollte. Doch alle Finanzhilfe brachte hier nichts: Olson publizierte ihre Forschungsergebnisse, welche keinen Zusammenhang zwischen Games und Gewalt sahen, und der Republikaner musste  dies Wohl oder Übel in Kauf nehmen. Frau Olson stand dem ORF Rede und Antwort, und legte dabei bemerkenswerte Differenziertheit und Respekt vor dem Forschungssubjekt Kind an den Tag.

Der Mythos, Action-Games würden das Gewaltpotential der Spieler fördern, hält sich wacker – ohne je wirklich nachgewiesen worden zu sein. Dass Videospiele durchaus positive Nebeneffekte hervorrufen, wurde nun ein weiteres Mal durch eine neue Studie bestätigt.

Eine Forschergruppe des Instituts für Psychologie der Humboldt-Universität in Berlin hat im Rahmen einer Studie herausgefunden, dass die Probanden ihre kognitiven Fähigkeiten durch das Spielen von Action-Games messbar verbessern konnten. Konkret erhöhten sich ihre Fähigkeiten im Bereich des Multitaskings, also der Fähigkeit, mehrere Tätigkeiten parallel bzw. in kurzen Abständen aufeinanderfolgend auszuführen. Machen Action-Games also tatsächlich schlau?

Langzeitstudien zum Zusammenhang zwischen Videospielgewalt und echter Aggression sind nichts Neues. Nun liegt eine entsprechend gerichtete Studie vor, welche über zehn Jahre empirische Beobachtungen auswertet. Das Resultat fällt aus, wie zu erwarten war.

Auch wenn uns das Privatfernsehen bisweilen weismachen will, dass Gamer entweder langhaarige, übergewichtige, schräge Typen oder aggressive, asoziale Jugendliche sind, besagt eine kürzlich veröffentlichte Studie etwas ganz anderes. Laut der Studie Gamer in Deutschland 2011 ist der durchschnittliche Gamer 31 Jahre alt und bei weitem nicht ausschliesslich männlich. Laut der Studie ist sogar fast jeder zweite Gamer eine Gamerin!

Der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. in Deutschland, kurz BIU, hat Ende Juli eine repräsentative Studie auf Basis einer Befragung von 25'000 Deutschen durch die Gesellschaft für Konsumforschung veröffentlicht. Der BIU setzt sich nachhaltig für die gesellschaftliche und kulturelle Akzeptanz von Videospielen und die Stärkung des Game-Standorts Deutschland ein. Da Deutschland der Deutschschweiz kulturell ähnlich ist, kann erwartet werden, dass sich die Umstände bezüglich Gaming auch in der Schweiz ähnlich verhalten.

Bisher setzten sich Studien im Zusammenhang mit Ego- oder First Person Shootern (FPS) vorwiegend mit der Frage nach dem Einfluss auf das Aggressionsverhalten des Spielers auseinander. Ergebnisse, welche eine gewisse Gefährdung bei Kindern nicht vollumfänglich ausschliessen konnten, wurden von den Gegnern dieser Spiele gerne als Rechtfertigung für ein Verbot, auch für Erwachsene, fehlinterpretiert. Bis heute konnte die Schädlichkeit solcher Spiele für Erwachsene wissenschaftlich nicht belegt werden.

Die Popularität dieser Spiele weckt aber allmählich auch in der Forschung das Interesse jenseits der Aggressivitätsfrage. So hat Dr. Lorenza Colzato (Bild) vom Institute for Brain and Cognition der Universität Leiden (NL) den Einfluss von FPS auf die kognitiven Fähigkeiten erforscht. Die Studie "DOOM’d to switch: superior cognitive flexibility in players of first person shooter games" wurde am 24. April 2010 im Fachmagazin "Frontiers in Psychology" publiziert und kommt zur Konklusion, dass Spieler von FPS schnellere und gleichzeitig flexiblere kognitive Fähigkeiten haben als vergleichbare Nicht- oder Gelegenheitsspieler.

 

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