Digitale Kluft: Unverständnis aufgrund von Unverstand

Gegenwärtig wachsen junge Leuten in einer Welt auf, in der Videospiele weit verbreitet sind. Ist die ganze Debatte um ein Verbot von gewalthaltigen Videospielen nur ein Generationenproblem? Muss dem Medium Videospiel einfach sein mittlerweile verdienten Platz im Alltag der Familien zugestanden werden oder ist es immer noch eine Randerscheinung? Wenn man neueren Studien glaubt, ist das Erstere der Fall. Ein Problem bleibt jedoch bestehen und zwar, dass es durchaus Videospiele gibt, die nicht für Kinder oder Jugendliche gedacht sind. Deswegen jedoch ein Totalverbot von gewalthaltigen Videospielen zu fordern zeugt von einer Unwilligkeit, sich mit dem Medium „Videospiel“ auseinanderzusetzen.

Wenn das ganze nur ein Generationenproblem wäre, könnte man die These aufstellen, dass junge Eltern einiges mehr an Medienkompetenz bezüglich Videospiele ausweisen können, als die Generation vor ihnen und dementsprechend eher kontrollieren, ob ihre Kinder für sie geeignete Videospiele spielen. Somit würde sich das Problem eines möglichen schlechten Einflusses von für Erwachsene gedachte Videospiele auf Kinder von selbst erledigen. Oder sind auch junge Eltern schon damit überfordert zu kontrollieren, was ihre Sprösslinge im Fernsehen schauen, ganz abgesehen davon, zu kontrollieren, was zu Hause oder bei deren Freunden gespielt wird?

Damit Medien wie das Fernsehen oder Videospiele verantwortungsvoll und gezielt genutzt werden können, erfordert es eine ständige bewusste Selektion des Nutzers. Aber wer macht sich schon konstant diese Mühe? Oftmals lässt man das Fernsehen entscheiden und bleibt beim durchzappen irgendwo hängen. Und wer kontrolliert ständig rund um die Uhr was die eigenen Kinder sich anschauen? Mal abgesehen davon, dass viele Jugendliche einen eigenen Fernseher im Zimmer haben und ihnen so ein gewisses Mass an Eigenverantwortung zugestanden wird. Beim Medium Fernsehen löst dies kaum mehr eine öffentliche Debatten aus. Zu sehr ist die Fernsehnutzung in den Alltag übergegangen.


Zur Zeit erleben wir eine mediale Revolution. Internet und Videospiele sind innerhalb kurzer Zeit alltäglich geworden und innerhalb einer Generation hat sich die Medienlandschaft enorm verändert. Wie Informationen gewonnen werden und mit welchen technischen Hilfsmittel wir mit anderen kommunizieren unterscheidet sich markant von den Zeiten, in den unsere Eltern und Grosseltern aufgewachsen sind. Viel zu sehr wurden Videospiele von der älteren Generation als etwas abgetan, dass für Kinder gedacht ist. Es heisst doch „spielen“ und „spielen“ tun vorwiegend Kinder. Solche Leute sind dann nicht zu Unrecht entsetzt, wenn sie hören, dass am Bildschirm bei einem sogenannten „Spiel“ Köpfe weggeschossen werden können. Umso schneller werden Rufe nach einem Totalverbot laut, anstatt sich mit der Materie auseinanderzusetzen und zu akzeptieren, dass das Medium Videospiel langsam aber sicher einen zentralen Platz in der heutigen Medienlandschaft einnimmt und bei weitem nicht nur Kinder als Zielgruppe anspricht. Vielleicht brauchen wir ein neues Wort für Videospiele „spielen“. Bücher liest man, Fernsehen schaut man und mit digitalen Unterhaltungsmedien interagiert man.

Kommen wir zurück zur Frage der selektiven Mediennutzung. Die gute Nachricht: es findet immer eine Selektion statt. Die Schlechte: Die muss gerade bei Videospielen mit vermehrtem Denkaufwand kontrolliert werden und zwar für sich selber und für diejenigen, für die man verantwortlich ist. Es setzt also eine gewisse geistige Reife voraus, weswegen der Ruf nach einer gesetzlich verbindlichen Verkaufsrestriktion gerechtfertigt ist. Was jedoch noch lange nicht heissen muss, dass man Erwachsene ebenfalls durch ein übergeordnetes Gesetz bevormunden muss. Es wird immer Personen mit Schwierigkeiten oder psychischen Krankheiten geben, die Entscheidungen treffen, die sich auf andere negativ auswirken. Aber deswegen alle zu bestrafen und für unzurechnungsfähig zu halten ist auch fragwürdig. Es braucht ein Mindestmass an gegenseitigem Vertrauen in einer Gesellschaft, damit sie funktionieren kann. Vertrauen braucht mehr Mut als Verbotsforderungen, welche in diesem Fall  auch auf einem Unverständnis der Generationen untereinander beruhen.

 

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