GTA am Pranger: Schuld an Grossmutter-Tötung?

GTA IV: Verantwortlich für die Tötung?In den vergangenen Tagen machte ein tragisches Ereignis die Runde durch diverse Internetseiten und Nachrichtensendungen: In Slaughter, Louisiana schoss am 22. August ein achtjähriger Junge mit einer Handfeuerwaffe auf seine auf ihn aufpassende Grossmutter, welche sofort starb. Besonders brisant sowie kontrovers diskutiert: Kurz vor der Tat habe der junge Grand Theft Auto IV auf seiner PlayStation 3 gespielt – ein Spiel, dessen Protagonist mittels kriminellen Machenschaften versucht, sich ein besseres Leben zu verschaffen. Aufgrund der Darstellung solcher Inhalte erhielt Grand Theft Auto IV (kurz: GTA IV) von der amerikanischen Prüfstelle für Computer- und Videospiele ESRB (Entertainment Software Rating Board) ein M-Rating, welches für „mature“ (z. Dt.: „mündig“) steht. Auch von der deutschen USK sowie der europäischen PEGI erhielt GTA IV ein unstreitiges „ab 18“-Rating. Somit ist GTA IV nur für erwachsene Spieler geeignet und gehört keineswegs in Kinderhände. Doch wie konnte das passieren?

Vergangene Woche erlag ein Lehrer der Technischen Berufsschule in Ludwigshafen seinen schweren Verletzungen, welche ihm zuvor von einem 23-jährigen Ex-Schüler - angeblich aus Wut auf schlechte Noten - mit einem Messer zugefügt worden sind. Von einem Amoklauf will jedoch weder Polizei noch Staatsanwaltschaft sprechen.

Auch der Kriminologe Christian Pfeiffer, welcher sich in der Vergangenheit bereits für ein Verbot von Actiongames (sog. „Killerspielen“) ausgesprochen hatte, nahm zum Vorfall Stellung. Diesmal jedoch auf eine überraschend aufgeklärte Art und Weise:

"Noch nie ist ein Amoklauf dadurch entstanden, dass jemand Computerspiele gespielt hat."
Quelle: rp-online.de: "Amokläufe kaum zu verhindern". 24. Februar 2010. Link zur Quelle

GameRights fordert bereits seit einiger Zeit die gesetzliche Verankerung des PEGI-Systems als landesweiten Standard der Altersklassifikation im Videospielhandel, und dass sich Händler beim Verkauf an die farbigen Sticker auf den Hüllen zu halten haben. Eine offene und nicht leicht zu beantwortende Frage war aber lange, wie das mit digitalen Distributionskanälen wie Steam, Origin, dem Apple App Store und dem Google Play Store aussehen soll. Gestern meldete die SIEA, dass sie zusammen mit Google das System PEGI als Standard für die Altersklassifikation von Game-Apps für das Betriebssystem «Android» eingeführt haben. Ebenfalls wurde der Firefox Marketplace bedacht.

 

Nach dem Massaker in Connecticut, welches fast dreissig teils sehr junge Menschen das Leben kostete, rückte die Diskussion um das "Warum" einer solchen Tat erneut in das mediale Zentrum. Die Zeitungen, News-Websites, Blogs, TV- und Radiosendungen dieser Welt verlangen zu wissen, was einen jungen Menschen zu einem dermassen brutalen und zerstörerischen Ausbruch der Gewalt treibt. Viele Faktoren werden als mögliche Gründe genannt: Sozial schwieriges Verhalten, gesellschaftliche Isolation, zu einfacher Zugriff auf Schusswaffen - und jüngst, wie in den "Amokläufen" zuvor, auch Videospiele. Während aus Ecken, von denen es zu erwarten war, verzweifelte Schuldzuweisungen ertönen, scheinen die Nachrichten aber vermehrt realistischer mit dem Thema umzugehen.

Im Vereinigten Königreich wird gemäss gamesindustry.biz das PEGI-System als Standard für Altersangaben eingeführt. Was GameRights und weitere Game-Communities in ähnliches Form für die Schweiz fordern, wird dort also effektiv umgesetzt: Die PEGI Ratings werden gesetzlich verankert und somit für alle Händler verbindlich. Ausserdem haben PEGI Änderungen der Klassifikationssymbole angekündigt; Neu werden die Altersangaben farblich hinterlegt, die Inhalte genauer angegeben und extreme Inhalte wie starke Gewaltdarstellung oder Ähnliches eigens deklariert. Des Weiteren wird ein "PEGI OK" Label eingeführt, welches für kleinere Casual- und Online-Spiele angewendet werden kann. Ein Spiel mit dem "PEGI OK"-Label hat nach strenger Prüfung keinerlei Inhalte, welche zu einem Rating wie 3+ oder höher führen würden. Dies ist ein massiver Schritt in Richtung sinnvollen Einsatzes des bereits seit längerem bestehenden und etablierten PEGI-Systems, und auch das Argument der Verbotsbefürworter, dass die PEGI-Symbole unübersichtlich und leicht übersehbar seien, sollte nun kein Gewicht mehr haben:

"The Video Standards Council will oversee the system independent of the games industry, and will implement the PEGI system for all titles released in the region.

"Protecting children and giving parents a clear and robust new system has always been our starting point. The new system of classification follows the essential criteria set out by Professor Tanya Byron, who recommended a trustworthy, uniform and clear set of symbols that is flexible and future proof," commented Creative Industries Minister Siôn Simon."

gamesindustry.biz: PEGI becomes UK standard for game ratings. http://www.gamesindustry.biz/articles/pegi-becomes-uk-standard-for-game-ratings

 

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