Nun auch letzte "Killerspiel-Standesinitiative" beerdigt

  • Peter
  • 21. Dezember 2021
  • Politik
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Um das Jahr 2010 wurden sechs Standesinitiativen im Bereich Gewaltvideospiele an die eidgenössischen Räte eingereicht. Es war die Reaktion der Kantone auf die furchtbaren School-Shootings kurz zuvor (Columbine, Virginia, Winnenden, Erfurt, Emsdetten). Am 18. November 2021, also gut 10 Jahre später, hat nun die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates entschieden, keine dieser Initiativen gutzuheissen. Sie folgt damit der Schwesterkommission im Ständerat, die identisch entschieden hat.

Die zuständige Kommission des Nationalrates begründete ihren Entscheid im Wesentlichen damit, dass die genannten Anliegen der Kantone schon in diversen anderen Geschäften aufgenommen wurden. Der Kommissionsbericht ist frei im Internet einsehbar (Link). Die Standesinitiativen selbst sind auf der zweiten Seite dieses Artikels aufgeführt und kommentiert.

Wer schon das eine oder andere Jahr bei GameRights engagiert ist, fühlt sich bei erneutem Lesen dieser Standesinitiativen an eine verrückte Zeit erinnert: Damals, 2010, überboten sich die politischen Akteure mit Forderungen nach Verboten, Regulierungen, Zensurbehörden, Bussen, und vielem mehr. Nüchterne Stimmen, die die Situation rund um Gewalt und Videospiele in Ruhe analysierten und sie differenziert einordneten, waren damals rar. Die buchstäbliche Langsamkeit des "Politsystem Schweiz" erwies sich hier als grossen Vorteil: Damals war das Thema (verständlicherweise) enorm emotional aufgeladen, eine wirklich sachliche Debatte war kaum möglich. Nun, 10 Jahre später, scheint genügend emotionale Distanz zu diesen furchtbaren Vorfällen zu bestehen, um wieder sachlich diskutieren zu können.

 

Games und Kinderpornografie

Noch heute lässt uns insbesondere die Standesinitiative des Kantons St. Gallen (08.334) erschaudern: "Die Bundesversammlung wird eingeladen, den Strafrahmen für die Herstellung von Kinderpornografie und für Gewaltdarstellungen zu erhöhen.". Wir erinnern uns: Vor 10 Jahren war es in Interviews oder Talk-Sendungen absolut üblich, Kinderpornografie und Videospiele in einem Atemzug zu nennen. "Natürlich" sei es nicht dasselbe, wurde dann oft nachgeschoben. GameRights lässt das nicht gelten: Für die Herstellung von Kinderpornografie werden Kinder gedemütigt, geschändet, versklavt, vergewaltigt. Kaum ein Delikt ist derart niederträchtig und verursacht so viel menschliches Leid. Und deshalb ist es eine Frechheit und absolut widerlich, hunderte Millionen Gamer in einem Atemzug mit solchen Schandtaten zu nennenn. Für die Herstellung von Videospielen muss niemals ein Lebewesen leiden.

 

Der Weg stimmt

Dass diese Standesinitiativen nun in beiden vorberatenden Kommissionen abgelehnt wurden, ist ein gutes Zeichen: Das Bedürfnis, die tatsächlichen Probleme im Bereich Jugendschutz zu adressieren, wurde aufgenommen und wird mit dem neuen "Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele" umgesetzt (Link). Gleichzeitig haben die eidgenössischen Räte darauf verzichtet, erwachsenen, mündigen Gamerinnen und Gamern vorzuschreiben, wie ihr Medienkonsumverhalten auszusehen hat.

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