ZDF "log in": Sind Games wirklich nur ein Spiel? - Eine Analyse

 

log in: Besserung in Sicht?Periodisch, oft in Zusammenhang mit aktuellen Geschehnissen, werden Beiträge über Computer- und Videospiele ins Fernsehprogramm aufgenommen. So wurden am 15. Mai 2014, einen Tag vor der Verleihung des Deutschen Computerspielpreises, Games zum Gesprächsthema der Sendung "log in", im ZDF ausgestrahlt und mit dem Untertitel Ballern, zocken, blechen: Sind Games wirklich nur ein Spiel? versehen. Viele Gamer/innen werden solche Formate mittlerweile meiden, denn oft frustrieren diese Programme mehr, als dass sie konstruktive Unterhaltungen hervorzubringen vermögen. Nicht selten sind die Fragen reisserisch formuliert, die Parteien ungleich verteilt und die beispielhaft gezeigten Szenen aus Videospielen mehr als gesucht oder völlig aus dem Kontext gegriffen. Inwiefern "log in" hier einen positiveren Weg einzuschlagen versuchte, soll nun im Folgenden untersucht werden.

 

Das Ziel dieser Analyse - soviel sei vorausgeschickt - ist nicht primär das Rezitieren, Gegenüberstellen und anschliessende Werten der einzelnen Pro- bzw. Gegenargumente. Dies soll dem Zuschauer überlassen sein. Die Sendung ist auch nach der Ausstrahlung noch online einsehbar. Viel mehr stehen Faktoren wie Aufbau, Objektivität sowie Konstruktivität des Programms im Fokus dieser Betrachtung.

Beginnen wir mit dem Titel der Sendung. Das Format "log in" hat für diese Ausgabe den Untertitel „Ballern, zocken, blechen: Sind Games wirklich nur ein Spiel?“ gewählt. Die ersten drei Wörter sollen wohl ungefähr die Dreiteilung der Sendung widerspiegeln - doch dazu später mehr. Interessant ist eher die Zusatzfrage. Denn welche Partei der Antwortende mit einer Ja- bzw. Nein-Antwort jetzt genau bezieht, ist unklar. Ein Ja kann "Games sind harmlos und fördern keinerlei Gewalt." bedeuten - wohl eine Sichtweise der Spieler-Fraktion. Allerdings wäre mit einem Ja auch eine kulturelle Herabstufung auf ein simples Unterhaltungsmedium ohne Mehrwert denkbar, was eher der Gegenpartei liegen würde. Ebenso führt ein Nein zu einer verwirrenden Zuordnung der Parteien. Eine klarere Leitfrage wäre also wünschenswert gewesen. In diesem Fall wurde sie so ausgelegt, dass die Game-Befürworter die Ja-Seite eingenommen haben.

Dies führt uns sogleich zur Betrachtung der beiden Parteien. Während Sandra Rieß als Stimme der kommentierenden Zuschauer zusammen mit dem Gesprächsleiter Wolf-Christian Ulrich durch die Sendung führte, wurde die Seite der Spieler durch Fabian Siegismund (heute v.a. bekannt als zockender YouTuber) zusammen mit Dr. Linda Breitlauch (Professorin für Game Design an der FH Trier, Jurorin des Deutschen Computerspielpreises, Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Computerspielindustrie) vertreten. Als Gegenpartei und somit Spielekritiker formierten sich Sabine Schiffer (Medienpädagogin) und Dr. Christoph Möller (Chefarzt Kinder- und Jugendpsychiatrie, Leiter Therapiestation "Teen Spirit Island"). Beide Seiten waren folglich überraschend fair aufgestellt. Via Homepage, Twitter oder Facebook hatten die Zuschauer zudem die Möglichkeit, live Kommentare und Fragen einzusenden, welche exemplarisch von Zeit zu Zeit vorgetragen wurden.

Die Sendung war in drei Teile gegliedert: Gewalt in Games, Suchtpotenzial von (Free to Play) Spielen und schliesslich der Einsatz von Videospielen zur Förderung bzw. Ausbildung gewisser Fähigkeiten (Serious Games). Beide Parteien konnten, nach einer kurzen, auf Vorurteile und gesuchte Gewaltszenen verzichtenden Ankündigung mittels Videoeinspieler, ihre Position und Meinung zum Thema abwechselnd äussern. Die Redezeit scheint gleichmässig verteilt. Teilweise wurde die Zeit sogar gestoppt. Die Bedingungen für eine faire Diskussion schienen also gegeben, trotzdem kam eine solche nie wirklich zustande. Die Kontrahenten beider Seiten wurden jeweils nach wenigen Sätzen unterbrochen und das Wort in Form einer anknüpfenden, jedoch leicht abweichenden Frage - wohl zwecks gleichmässiger Beteiligung - an eine Person der Gegenpartei weitergegeben. Selten hatte ein Teilnehmer die Möglichkeit, auf die Aussage eines Gegenübers einzugehen. Ein eigentlicher Dialog bzw. eine Diskussion wurde somit faktisch durch die Moderation unterbunden, was zu bedauern ist. Möglicherweise hätte eine Reduktion der Themen hier geholfen, um einzelnen Fragen während dieser Stunde Sendezeit mehr Raum lassen zu können. Ein wirklich konstruktives Endergebnis blieb demnach aus. Schlussendlich wurde auch die Hauptfrage "Sind Games wirklich nur ein Spiel?" lediglich gestreift. Ihre Beantwortung beschränkte sich auf die Veröffentlichung eines Publikumsvotums am Ende der Sendung, welches übrigens mit 99% Ja-Stimmen überdeutlich ausfiel.

Letztlich kann festgehalten werden, dass "log in" hier - gerade in puncto Darstellung und Fairness - einen untypischen Sprung in eine wünschenswerte Richtung gewagt hat. Das Gros der Fragen war sachlich gestellt, die Parteien ebenbürtig vertreten und die Redezeiten fair verteilt. Auf das Zeigen von gesucht brutalen Bildern und das übermässige Untermauern von Vorurteilen wurde verzichtet. Der Moderation sollte künftig weniger, der Diskussion dafür mehr Raum gelassen werden, sodass die einzelnen Parteien auch wirklich die Möglichkeit haben, auf die Aussagen ihrer Kontrahenten einzugehen.

 

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