Am Samstag trat der deutsche Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor die Medien, um zum Amoklauf in München Stellung zu nehmen. Er teilte sein Beileid mit den Familien und der Bevölkerung, informierte über den Tathergang, verneinte Verbindungen zur Terrororganisation «Islamischer Staat» und mahnte zur Vorsicht – es sei nicht der Tag für Konsequenzen, denn die Ermittlungsergebnisse lägen noch nicht vor. Und dann kommt er selber zum Schnellschuss: Es sei nicht zu bezweifeln, dass die «Gewaltverherrlichung in Spielen im Internet» eine schädliche Wirkung auf den Amokläufer gehabt hätten.
«Es ist nicht zu bezweifeln – so war es auch in diesem Fall – dass das unerträgliche Ausmass von Gewaltverherrlichung in Spielen im Internet auch eine schädliche Wirkung gerade junger Menschen hat. Das kann kein vernünftiger Mensch bestreiten.» so de Maizière am Samstagnachmittag an der Pressekonferenz kurz nach 15 Uhr. Zuvor hatte sich der Bundesinnenminister noch geweigert Aussagen über die psychische Gesundheit des Täters zu machen. Dann aber nimmt seine persönliche Meinung überhand und lässt er sich zu der oben aufgeführten Aussage hinreissen ohne dass zuvor irgendwer von Spielen sprach. Auch wenn de Maizière gewaltbeinhaltende Games nicht als alleinige Ursache darstellt, schafft er doch einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen der Ermordung von neun Personen und einem Hobby von abertausenden, wenn nicht gar Millionen, Erwachsener. Damit diskreditiert er zehn Jahre psychologischer Forschung zum Thema, welche zur Genüge eine direkte Kausalität und langfristige Auswirkungen virtueller Gewalt auf die Psyche widerlegt haben, auf einen Schlag. Es scheint als ob der Bundesinnenminister, eines der wichtigsten und angesehensten Mitglieder der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, mit dieser demagogischen Schlussfolgerung einen oder gar mehrere Schritte zurück macht und die deutsche Öffentlichkeit zurück in die gehässige und populistische «Killerspiel»-Debatte des letzten Jahrzehnts katapultiert, ob durch Unwissen oder Absicht sei dahingestellt.
Glücklicherweise scheinen die Medien, anders als vor zehn Jahren, nicht mehr auf dem «Killerspiel»-Pferd zu reiten. Vielmehr fokussieren sie sich auf die Faszination des 18-jährigen Täters mit den Amokläufen von Winnenden und des Norwegers Breivik, der Herkunft der Tatwaffe, das psychische Krankheitsbild des Täters, sowie angebliches jahrelanges Mobbing. Auch in der Schweiz sind Computer- und Videospiele auf dem Rechner des verstorbenen Täters nur eine Randnotiz. Dennoch haben manche Nachrichtenhäuser gezielt diese Aussage von de Maizière hervorgehoben.
Ob die Gesellschaft, anders als Herr de Maizière, die Killerspieldebatte hinter sich gelassen hat oder diese nur auf Eis gelegt war und nun neu aufflammt wird sich in den kommenden Tagen und Wochen zeigen. Erste Anzeichen wird es bereits heute Abend in der deutscher Politsendung «hart aber fair – extra» geben (ARD, 21:45) bei welcher der bekannte Verbotsforderer Christian Pfeiffer als Gast eingeladen ist.
An dieser Stelle möchte die Vereinigung GameRights ihr tiefstes Beileid für die Angehörigen der im Laufe des schrecklichen Vorfalls am Freitagabend Verletzten und Verstorbenen aussprechen. Es bedrükt uns zutiefst, wenn ein verwirrter junger Mann nur in extremer Gewalt eine Lösung seiner Probleme sieht. Solche Individuen brauchen Hilfe – ideologisch getriebene Verbote bieten diese nicht.
Wenn ihr euch auch für einen fairen Jugendschutz ohne Verbote, für objektive Diskussionen zum Thema, für Aufklärung und die Interessen aller Gamer der Schweiz einsetzen wollt, dann werdet Mitglied/Helfer bei GameRights! Mehr Infos hier.