Amoklauf in München: Deutscher Bundesinnenminister de Maizière stellt Games eigenhändig in den Mittelpunkt

Am Samstag trat der deutsche Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor die Medien, um zum Amoklauf in München Stellung zu nehmen. Er teilte sein Beileid mit den Familien und der Bevölkerung, informierte über den Tathergang, verneinte Verbindungen zur Terrororganisation «Islamischer Staat» und mahnte zur Vorsicht – es sei nicht der Tag für Konsequenzen, denn die Ermittlungsergebnisse lägen noch nicht vor. Und dann kommt er selber zum Schnellschuss: Es sei nicht zu bezweifeln, dass die «Gewaltverherrlichung in Spielen im Internet» eine schädliche Wirkung auf den Amokläufer gehabt hätten.

Spiegel.de berichtete heute, dass der Amokläufer von Ansbach Georg R. (GameRights berichtete) vor seiner Tat ein Schriftstück angefertigt hatte - ein "Hass-Tagebuch". Weitere Untersuchungen brachten Erkenntnisse hervor, welche Computerspiel-Verbotsbefürwortern Schwierigkeiten bereiten dürften:

Die Ermittler betonten ausdrücklich, im Besitz des Amokläufers hätten sich nach bisherigem Erkenntnisstand keine sogenannten Killerspiele oder indizierten Horrorfilme befunden. Lediglich ein gewöhnlicher Actionstreifen werde in dem Tagebuch häufiger erwähnt.

Spiegel.de: Amokläufer führte Hass-Tagebuch

Letzte Woche wurde auf der Website von BBC England in einem Artikel zum Thema "Rückgang von Kriminalitätsraten in den USA" die These vertreten, dass das Spielen von Videospielen die jungen Leute zu Hause hält und somit direkt dazu beiträgt, dass diese sich nicht draussen in Banden zusammenfinden und Gewalttaten verüben. Diese Aussage basiert auf einer neuen Studie von Cunningham, Engelstätter und Ward der Universität von Texas und dem Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung. Diese Studie kommt zum Schluss, dass im gesamten Betrachtet gewalthaltige Videospiele zu einem Rückgang der Kriminalitätsraten in den USA führen.

Vor einigen Wochen rief das bisher nicht allzu aktive Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden zu einer Wegwerfaktion auf. Als Belohnung winkte die Möglichkeit ein signiertes Trikot der deutschen Fussball-Nationalelf zu gewinnen. Die Aktion bestand im Prinzip daraus, dass ein Container vor dem Stuttgarter Opernhaus aufgestellt wurde und dann hätten zu Hauf besorgte Eltern in einem Akt der Erleuchtung böse Killerspiele in das Nirvana der Trägermedien verbannen sollen. Die im Container "gesammelten" Games wären dann verbrannt worden. Zumindest war dies der Plan dieser Kreuzritter gegen die Actiongames. Tatsächlich endete die Aktion bei jämmerlichen zwei Dutzend Spiele. Während der Aktion, welche fragwürdigerweise stark den Nazi-Zensurmassnahmen im Dritten Reich ähnelte, beleidigte Mitinitiant Hardy Schober, der beim Winnenden-Amoklauf seine Tochter verloren hatte und seit dann mit blindem Hass gegen Computerspiele und deren Konsumenten vorgeht, gegenüber der Presse sogar noch die Gamer.

Schade ist jedoch, dass diese äusserst peinliche Aktion im Namen der Familie und der 15 Opfer des Amoklaufs von Tim Kretschmar am 11. März 2009 durchgeführt wurde.

 

Verbotsforderungen jeglicher Art machen sich in der heutigen Medienlandschaft immer gut, vor allem im Sommerloch. Anders ist es nicht zu erklären, wieso der christliche Polizeiverband mit seiner Forderung (PDF), das Spiel "The Darkness" zu verbieten, auf derart viel Medienresonanz gestossen ist. Neben 20 Minuten online haben auch diverse deutsche Websites und die international bekannte Gamerwebsite Kotaku das Thema aufgegriffen. Die Pressemitteilung von GameRights wurde dabei ebenfalls teilweise veröffentlicht und kann hier im Original nachgelesen werden.

Der Polizeiverband fordert, vor dem Hintergrund der Unruhen in London das Spiel "Darkness" zu verbieten, weil man in diesem auf Polizisten schiessen könne. Der Verband stiftet allerdings bereits mit der ungenauen Bezeichnung des Spiels für Verwirrung, denn im Spiel "The Darkness 2", welches erst im Frühjahr 2012 erscheint, tauchen laut Hersteller gar keine Polizisten auf. Der Vorgänger des Spiels, "The Darkness", bietet zwar die Möglichkeit, auf Polizisten zu schiessen, dies ist aber laut GameRights-Community nicht der zentrale Spielinhalt, von einer gezielten Jagd auf Polizisten kann also überhaupt nicht gesprochen werden. Im übrigen erschien das Spiel bereits im Jahre 2007, es zeugt also nicht gerade von Kompetenz im Bereich der interaktiven Medien, wenn dem Polizeiverband ein Spiel  auffällt, welches bereits seit 4 Jahren im Handel erhältlich ist, eine Verbotsforderung muss hier selbst dem grössten Gegner von Actionspielen absurd vorkommen.

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