Neujahrsüberraschung aus Liestal

  • Adrian
  • 06. Januar 2010
  • Politik
  • 36145

altEinige von euch werden sich noch daran erinnern, dass GameRights am 5. Oktober über die Bemühungen des basellandschaftlichen Parlaments für den Entwurf eines neuen Gesetzes berichtete. Dieses soll einen effizienten Jugendschutz fördern und somit Verboten entgegenwirken. Kürzlich hat uns Dieter Leutwyler der Sicherheitsdirektion Baselland auf einige Fragen geantwortet.

Zocken mit Gottes Segen: Der Medienbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Oberkirchenrat Markus Bräuer, hat im Blick auf die Computerspiele, die zu Weihnachten verschenkt werden, Eltern und Grosseltern aufgerufen, sich Zeit für die Kinder und Enkel zu nehmen:

„Spielen Sie selbst, und spielen Sie mit Ihren Kindern oder Enkeln! Auch wenn Sie wahrscheinlich dauernd verlieren werden, es macht Spass. Sie werden ganz neue Zugänge zu Ihren Kindern oder Enkeln finden. Und diese werden über jeden Punkt, den Sie problematisch finden, gern mit Ihnen diskutieren. Beim Spielen können Sie Kriterien vermitteln, wenn in den Spielen beispielsweise Menschen getötet werden, Gewalt nur aus der Sicht der Täter dargestellt oder ein Frauenbild vermittelt wird, das würdelos ist. Kinder brauchen Kriterien. Und sie brauchen Eltern, die diese weitergeben.“
-Markus Bräuer, Medienbeauftragter EKD

...oder doch nicht?

Im ganzen politischen Tumult der letzten Woche wäre fast eine wichtige Nachricht für uns Gamer untergegangen: Im Sessionsprogramm des Ständerates vom 6.11 wurden die Motionen Allemann (09.3422) und Hochreutner (07.3870) sowie die Standesinitiativen von Bern (08.316), St. Gallen (09.313) und Tessin (09.314) als zu behandelnde Geschäfte für den 10. Dezember aufgelistet.

Auf das „Gesetz betreffend öffentliche Filmvorführung und die Abgabe von elektronischen Trägermedien (FTG)“ ist vorletzten Donnerstag der baselbieter Landrat geschlossen eingetreten. Damit zieht er mit dem Grossen Rat des Stadtkantons gleich. Das neue Gesetz soll eine Übergangslösung bilden, bis der Bund eine schweizweite Lösung in Kraft setzt. Dieses Gesetz könnte langfristig als Vorbild für eine eidgenössische Lösung fungieren.

 

Oftmals sind Gewaltspiele und Videospiele im Allgemeinen dann in aller Munde, wenn kurz zuvor eine tragische, massive, von einem jungen Menschen ausgeführte Gewalttat passiert ist. Jedoch versiegt das öffentliche Interesse am Thema nach ein paar Wochen oder Monaten wieder - bis wieder etwas passiert, und dann geht es von vorne los. Im Zuge der Diskussion werden auf der einen Seite Verbote gefordert, andere wollen endlich "besseren Jugendschutz", und wieder andere lassen die Diskussion an sich vorbeiziehen, denn die nächste kommt bestimmt, und bisher hat sich nichts geändert: PEGI-Klassifikationen werden immer noch zu wenig ernst genommen. Das ist aus Sicht des Jugendschutzes sehr bedenklich, denn gross angelegte Informationskampagnen und ähnliche Projekte finden zwar zuerst sehr viel Zulauf und Interesse, doch mit der Zeit wird es schwierig, noch jemanden für ehrlichen Jugendschutz zu begeistern.

Die sinnlose Gewalt und die unfassbare Brutalität des Schlägertrios, das in München mehrere Menschen fast totprügelte, hält momentan die Schweiz in Atem. Die Medien sprechen von einem "Amoklauf ohne Waffen". Überall wird nach Erklärungen gesucht, wie so etwas überhaupt passieren konnte. Dabei kommen die meisten zum Schluss, dass die Gewalt durch etliche verschiedene Faktoren ausgelöst wurde: Alkohol und Tabakkonsum, angestaute Aggressionen, Geltungsdrang et cetera. Nicht wenige kommen zum Schluss, dass solch eine Gewalttat nicht allein mit diesen Faktoren erklärt werden kann.

Ganz anders Roland Näf, der diese schreckliche Tat für seine politischen Zwecke zu missbrauchen versucht. Er veröffentlichte vor kurzem einen Bericht auf der Webseite seines Vereins gegen mediale Gewalt (vgmg.ch), in dem er die Schuld an den Straftaten der Küsnachter Schäger vollumfänglich „Gewaltmedien“ zuschreibt:

Der offensichtliche Abbau der natürlichen Hemmung und der fehlende Respekt lassen sich mit dem Konsum medialer Gewalt erklären.

Diese Aussage ist symptomatisch für Näfs verzerrtes Bild von Killerspielen. Ohne es irgendwie belegen zu können, ja, gar ohne es zu versuchen, wirft Herr Näf einfach seine Vermutung in den Raum und stellt sie als Tatsache dar. Killerspiele führen zu Respektlosigkeit und Hemmungslosigkeit. Dass sich hier auf GameRights.ch und im Verein hunderte Gamer tummeln, bei denen Respekt und Anstand immer noch vorhanden sind und die auch ihre natürliche Tötungshemmung durch ein bisschen Knöpfedrücken wundersamerweise noch nicht verloren haben, wird schlicht ausgeblendet. Zudem macht sich Näf nicht einmal die Mühe, weitere Ursachen zu suchen, sein zuvor immer wieder genanntes Prinzip der Multikausalität hat er offenbar vergessen. Inkonsequenterweise werden die anderen drei der von ihm oft rezitierten amokfördernden Faktoren wie Waffenzugriff oder fehlende elterliche Aufsicht schlicht nicht erwähnt.

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